Einkristalline γ′-gehärtete Kobaltbasis-Superlegierungen – Legierungsentwicklung, Wärmebehandlungsstrategien und mechanische Eigenschaften

Themenbereich:
Hochtemperaturwerkstoffe

 

Verantwortlicher Mitarbeiter:

Dr.-Ing. Steffen Neumeier
Jakob Bandorf (M. Sc.)



Die γ′-gehärteten Kobaltbasis-Superlegierungen sind eine sehr junge Materialklasse (bekannt erst seit 2006), die jedoch grundlegende Eigenschaften mit den bereits seit über 60 Jahren bekannten Nickelbasis-Superlegierungen teilt. Ni-Basis-Superlegierungen werden insbesondere in Flugzeugtriebwerken und stationären Gasturbinen als Turbinenschaufeln oder -scheiben eingesetzt. Dort, wo die Gastemperaturen am höchsten sind, werden sie oft in einkristalliner Form verwendet. Durch Vermeiden von Korngrenzen und die Orientierung der Turbinenschaufeln entlang spezifischer Kristallrichtungen können Diffusionsprozesse verlangsamt und thermische Spannungen verringert werden. Eine offensichtliche Gemeinsamkeit der Ni- und Co-basierten Legierungssysteme ist die Mikrostruktur, bestehend aus einer kubisch flächenzentrierten Matrix und einem hohen Volumenteil (ca. 70 %) kohärenter Ausscheidungen mit meist würfelförmiger Morphologie. Trotz vieler Gemeinsamkeiten können die neuen Co-Basis-Superlegierungen aufgrund ebenso bestehender wesentlicher Unterschiede dazu dienen, ein umfassenderes Verständnis der Mechanismen zu erlangen, welche für die herausragenden Eigenschaften der Superlegierungen verantwortlich sind. Einer dieser Unterschiede ist beispielsweise das Vorzeichen der Gitterfehlpassung. Bei den Co-Basis-Legierungen liegt, im Gegensatz zu den meisten Ni-Basis-Legierungen, eine positive Gitterfehlpassung (Gitterparameter der Ausscheidung ist größer als der der Matrix) vor.
Dieses Projekt ist in den Sonderforschungsbereich/Transregio 103 „Vom Atom zur Turbinenschaufel – wissenschaftliche Grundlagen für eine neue Generation einkristalliner Superlegierungen“ eingegliedert. Es soll untersucht werden ob und wie weit die neuen γ′-gehärteten Co-Basis-Superlegierungen mit Ni-Basis-Superlegierungen oder auch konventionellen karbid- und mischkristallgehärteten Co-Legierungen konkurrieren bzw. diese sogar ersetzen könnten. In diesem Projekt (B3) sollen grundlegende Untersuchungen an den entworfenen Legierungen vorgenommen werden hinsichtlich

  • Gießbarkeit
  • Segregationsverhalten, Diffusivität, Verteilungsverhalten und mischkristallhärtende Eigenschaften verschiedenster Legierungselemente
  • Mikrostruktur- und Phasenstabilität
  • Gitterfehlpassung zwischen den beiden Phasen γ und γ′
  • Hochtemperaturfestigkeit und zugrunde liegende Verformungsmechanismen

Durch starke Vernetzung des Projekt B3 innerhalb des SFB/TR 103 ist es zudem möglich Legierungen mit modernsten Methoden wie 3D Atom Probe Tomography (A4) oder hochauflösender Elektronenmikroskopie (A7) zu charakterisieren. Zwei weitere Projekte beschäftigen sich außerdem mit den Oxidations- und Korrosionseigenschaften (A5) und entwickeln potentielle Schutzschichten (B6) für die hier entwickelten Legierungen.